Aphasie
Eine Aphasie ist eine erworbene Störung der Sprache aufgrund einer Läsion (Schädigung) in sprachrelevanten Teilen des Gehirns.
Aphasien treten nach verschiedenen Erkrankungen (Schlaganfall, Schädelhirntrauma, Gehirnblutung, Tumor, Hypoxie (Sauerstoffmangel), entzündliche Erkrankungen) nach abgeschlossenem Spracherwerb auf. Sie verursachen Beeinträchtigungen in den einzelnen sprachlichen Modalitäten (Mündlicher Ausdruck, Verstehen, Schreiben und Lesen) in unterschiedlichen Schweregraden.
Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS)
Eine AVWS liegt vor, wenn bei normalem Tonaudiogramm zentrale Prozesse des Hörens gestört sind. Zentrale Prozesse des Hörens ermöglichen u. a. die vorbewusste und bewusste Analyse, Differenzierung und Identifikation von Zeit-, Frequenz- und Intensitätsveränderungen akustischer oder auditivsprachlicher Signale sowie Prozesse der binauralen Interaktion (z. B. zur Geräuschlokalisation, Lateralisation, Störgeräuschbefreiung, Summation) und der dichotischen Verarbeitung.
CIAT
Die Constraint-Induced Aphasia Therapy (= Beschränkungs-induzierte Aphasie-Therapie) beruht auf der Erkenntnis, dass es bei chronischer Beeinträchtigung aufgrund von Misserfolgserlebnissen zu weiterer Verschlechterung (= gelernter Nichtgebrauch) kommt. In der CIAT dient eine Sichtblende dazu, die Teilnehmenden an einem Karten-Herausgeben-Spiel daran zu hindern, Zeigegesten oder Zeichnungen etc. als Ersatzstrategien für die verbale Kommunikation einzusetzen. In verschiedenen Studien wurde die Wirksamkeit der CIAT nachgewiesen. Diese beruht großenteils auf dem hochrepetitiven Üben.
Dysarthrie/Dysarthrophonie
Dysarthrie (oder Dysarthropneumophonie) ist ein Sammelbegriff für verschiedene Störungen des Sprechens, die durch erworbene Schädigungen des Gehirns bzw. der Hirnnerven und der peripheren Gesichtsnerven verursacht werden. Es können dabei sowohl die Steuerung als auch die Ausführung der Sprechbewegungen eingeschränkt sein. Dadurch kann die Artikulation von Lauten verformt bis unverständlich verwaschen klingen. Bei der schwersten Störungsform, der Anarthrie, kann eine völlige Unfähigkeit bestehen, Sprechbewegungen auszuführen (Laute oder Wörter können dann nicht einmal mehr gehaucht werden). Bei der Dysarthrie sind die am Sprechvorgang beteiligten Muskeln und Organe (Kehlkopf und Stimmbänder) als solche ebenso intakt wie das sprachliche Wissen. Gestört ist lediglich die motorische Innervation der Sprechmuskulatur. Die dabei betroffenen Funktionen sind die Artikulationsorgane (Lippen, Zunge, Kiefer, Gaumensegel), die Atmung und der Kehlkopf.
Dysphagie
Eine Dysphagie oder Schluckstörung tritt auf, wenn eine der am Schluckakt beteiligten Strukturen in ihrer Funktion bzw. deren Zusammenwirken beeinträchtigt ist. Somit können alle Erkrankungen und Leiden im Bereich der Mundhöhle und ihrer Begrenzungen, des Rachens, der Speiseröhre und des Mageneingangs, daneben vor allem auch neurologische Probleme sowie psychische Störungen eine ursächliche Rolle spielen. Die Dysphagie kann mit oder ohne Schmerzen einhergehen. Da Schluckstörungen erhebliche Beeinträchtigungen des körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens nach sich ziehen, bedürfen sie immer einer Abklärung.
Mögliche Symptome einer Schluckstörung sind: ein Druck- oder Kloßgefühl im Hals, Würgen während des Schluckakts, ein Hochwürgen von bereits geschluckter Nahrung, Husten während der Mahlzeit als Ausdruck einer Penetration (Eindringen von Nahrung/Flüssigkeiten in die oberen Atemwege vor dem Schlucken) oder Aspiration (des Übertritts von Nahrung/Flüssigkeiten in die unteren Atemwege), Hypersalivation (vermehrter Speichelfluss), im Extremfall eine generelle Unfähigkeit zur Nahrungsaufnahme. Folgeerscheinungen können akute und wiederkehrende Lungenentzündungen sowie Fieber sein.
Dysphonie
Dysphonie (Dysphonemie, Stimmstörung) ist eine Beeinträchtigung des stimmlichen Teils des Sprechens bei Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Kehlkopfes und des Ansatzrohres. Stimmstörungen können organische und funktionelle Ursachen haben. Organische Ursachen sind z. B. Entzündungen, Lähmungen, gut- und bösartige Neubildungen (z. B. Polypen, Knötchen, Granulome, Kehlkopfkrebs), aber auch ein Reflux von Magensäure. In seltenen Fällen liegen Kehlkopfverletzungen oder angeborene Fehlbildungen des Kehlkopfes vor.
Facialisparese
Unter einer Fazialisparese (Gesichtslähmung) versteht man eine Funktionsstörung des Nervus facialis (VII. Hirnnerv) mit Lähmung vor allem der mimischen Gesichtsmuskulatur. Nicht betroffen von der Lähmung ist die Kaumuskulatur, da diese vom Nervus trigeminus versorgt wird. Eine Fazialisparese tritt meist einseitig auf.
HOT
Die Handlungs-orientierte Therapie verbindet sprachliche Anweisungen mit konkretem Handeln und anschließender (sprachlicher) Reflektion über die Handlung. Der Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass Lernen besonders effektiv über das Be-Greifen funktioniert.
ICF
Die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) ist eine von der WHO initial 2001 erstellte und herausgegebene Klassifikation zur Beschreibung des funktionalen Gesundheitszustandes, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung sowie der relevanten Umweltfaktoren von Menschen. Das spezifische Paradigma der Klassifikation wird in den Teilklassifikationen Körperfunktionen und Körperstrukturen, Aktivitäten und (gesellschaftliche) Teilhabe sowie personenbezogene Faktoren operationalisiert. Sie liegt unter dem Titel Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit in deutscher Übersetzung vor.
Kindliche Aphasie
Eine kindliche Aphasie unterscheidet sich in Erscheinungsbild, Ursachenverteilung und Prognose von den Aphasien Erwachsener. Sie wird im Verlauf der Sprachentwicklung (zwischen ca. 1,5 und 14 Jahren) erworben, ihre häufigste Ursache ist das Schädel-Hirn-Trauma und sie beeinflusst in aller Regel die nachfolgende Spracherwerbskapazität. Häufig zeigen sich neuropsychologische Begleiterscheinungen und emotionale Auffälligkeiten.
Klinische Linguistik
Die Klinische Linguistik als Teilgebiet der angewandten Linguistik (Angewandte Sprachwissenschaft) befasst sich mit der Diagnostik und Therapie von Störungsbildern der Sprache, des Sprechens, des Schluckens, sowie der mündlichen und schriftlichen Kommunikation.
LRS/Legasthenie
Unter LRS (Lese-Rechtschreib-Störung) oder Legasthenie versteht man eine massive und lang andauernde Störung des Erwerbs der Schriftsprache. Die betroffenen Personen haben Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen zur geschriebenen Sprache und umgekehrt. Als Ursache werden eine genetische Disposition, Probleme bei der auditiven und visuellen Wahrnehmungsverarbeitung, der Verarbeitung der Sprache und vor allem bei der phonologischen Bewusstheit angenommen. Die Störung tritt isoliert und erwartungswidrig auf, d. h. die schriftsprachlichen Probleme entstehen, ohne dass es eine plausible Erklärung wie eine generelle Minderbegabung oder schlechte Beschulung gibt. Bei frühzeitiger Erkennung können die Probleme meist kompensiert werden; je später eine Therapie ansetzt, desto geringer sind in der Regel die Effekte.
Logopädie
Logopädie (von altgriechisch λόγος lógos „Sprechen“ sowie παιδεύειν paideuein „erziehen“; wörtlich also „Sprecherziehung“) ist der 1913 erstmals benutzte und 1924 durch den Wiener Mediziner Emil Fröschels eingeführte Begriff für die Stimmheilkunde. Die Bedeutung des Logopädie-Begriffs änderte sich im Laufe der Zeit. Heute bezeichnet die Logopädie die noch junge medizinisch-therapeutische Fachdisziplin, die den durch eine Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- oder Hörbeeinträchtigung in seiner zwischenmenschlichen Kommunikationsfähigkeit eingeschränkten Menschen zum Gegenstand hat. Die Logopädie beschäftigt sich in Theorie und Praxis mit Prävention, Beratung, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation, Lehre und Forschung auf den Gebieten der Stimme, Stimmstörungen und Stimmtherapie, des Sprechens, Sprechstörung und Sprechtherapie, der Sprache, Sprachstörung und Sprachtherapie sowie des Schluckens, Schluckstörung und Schlucktherapie.
orofaciale Dysfunktion / myofunktionelle Störung
Eine myofunktionelle Störung (MFSt) im Gesichtsbereich ist durch ein Muskelungleichgewicht vor allem der Zungen- und Lippenmuskulatur, aber auch weiterer Gesichtsmuskulatur gekennzeichnet.
präverbal
Unter präverbalen Äußerungen werden die frühkindlichen, auf Kommunikation zielenden Mitteilungen (triangulärer Blick, Zeigegesten) vor Einsatz des produktiven Spracherwerbs bezeichnet. (Auch der Bereich der noch nicht sprachlich formulierten Gedanken wird als präverbal bezeichnet.)
SES
Bei einer Sprachentwicklungsstörung beträgt die zeitliche Verzögerung der sprachlichen Entwicklung mehr als ein halbes Jahr im Vergleich zum normalen Spracherwerb. Ursächlich dafür können eine Hörstörung, mentale Retardierung, schwerwiegende sozial-emotionale Probleme oder ein auffälliger neurologischer Befund sein. Von einer SSES (Spezifische SES) wird gesprochen, wenn die Störung allein die Sprache und das Sprechen betrifft, alle nicht-sprachlichen Kompetenzen aber im Normbereich liegen.
Sprechapraxie
Die Sprechapraxie ist eine Störung der Initiierung und Ausführung der für das Sprechen notwendigen Bewegungsabläufe. Selten tritt sie isoliert auf. Meistens liegt die Sprechapraxie mit einer Aphasie gemeinsam vor.
Stottern
Stottern gehört zu den Redeflussstörungen und ist eine Störung der pragmatisch-kommunikativen Ebene. Primärsymptome können das klonische Stottern (Wiederholen von Lauten, Silben, Wörtern) oder das tonische Stottern (Dehnungen) sein. Zu den Sekundärsymptomen werden das Meiden kommunikativer Situationen (Sprechen, Blickkontakt etc.) gezählt.
Trachealkanüle
Trachealkanülen bezeichnen Röhrchen, die aus Kunststoff oder Silber gefertigt sind und durch die Haut von außen in die Luftröhre eingeführt werden. Die Einstichstelle befindet sich zwischen Kehlkopf und Schilddrüse. Indikationen für eine Trachealkanüle sind: Langzeitbeatmung, schwere Dysphagie mit erheblicher Aspirationsgefahr, Erleichterung des Absaugens von Sekret.
UK
Unterstützte Kommunikation (UK) ist die Eindeutschung des englischsprachigen Begriffs "Augmentative and Alternative Communication" (AAC). Wörtlich übersetzt bedeutet der englische Fachausdruck "ergänzende und ersetzende Kommunikation", wobei das, was ergänzt bzw. ersetzt wird, die Lautsprache ist. UK ist der Oberbegriff für alle pädagogischen oder therapeutischen Maßnahmen zur Erweiterung der kommunikativen Möglichkeiten von Menschen, die nicht oder kaum über Lautsprache verfügen. Beispiele sind die Einführung von Bildsymbolkarten oder einer Kommunikationstafel zur Verständigung, die Versorgung mit einem Sprachausgabegerät oder die Ergänzung der Lautsprache durch das Gebärden von Schlüsselwörtern.
Verbale Entwicklungsdyspraxie (VED)
Die Verbale Entwicklungsdyspraxie (VED) ist eine Entwicklungsstörung kindlichen Sprechens, die durch eine mangelhafte Aussprache gekennzeichnet ist. Das Problem liegt auf der Ebene der Sprechbewegungsplanung und -programmierung, wodurch die Fähigkeit, die für Sprechproduktionen erforderlichen Bewegungen in ihre räumliche und zeitliche Beziehung zu setzen, stark beeinträchtigt ist. Daraus resultiert das Unvermögen oder die eingeschränkte Fähigkeit für eine geplante Äußerung die Artikulationsorgane willkürlich und kontrolliert einzusetzen. Die VED übt einen störenden Einfluss auf das gesamte, sich gerade entfaltende Sprachsystem aus. Das Sprachverständnis ist von der Störung nicht betroffen, es handelt sich daher um eine Sprechstörung.
Pete Guy Spencer
Klinischer Linguist
Abteilungsleiter der Logopädie
Hegau-Jugendwerk
Logopädie
Kapellenstr. 31
78262 Gailingen
Tel: 07734/939-414
Fax: 07734/939-206
E-Mail
© Die Hegau-Jugendwerk GmbH - Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene