15.09.2021
Ein Vierteljahrhundert Patientenzeitung/ PATZ dient als Therapeutikum
Wow! Die Patientenzeitung von Patienten des Reha-Zentrums Hegau-Jugendwerk, "DIE PATZ!!", ist soeben zum 100. Mal erschienen. Seit Dezember 1996 erscheint das rund 24 Seiten starke Heft alle drei Monate neu. Betrug die Auflage anfangs 400 Exemplare und wurde in sorgfältiger Handarbeit hergestellt und kopiert, erscheint die PATZ heute in einer Auflage von 250 Stück, wird am PC gestaltet und extern gedruckt.
Eines ist in den 25 Jahren PATZ-Geschichte aber gleich geblieben: Der Name und der Schriftzug - er stammt vom Sozialpädagogen Matthias Haas, der damit den damaligen Namenswettbewerb gewonnen hatte - und das Anliegen. Denn die PATZ ist ein wichtiges Instrument des Motivationsaufbaus, es ist ein therapeutische Unterrichtsmittel für die interne Öffentlichkeit, erklärt der PATZ-Macher Jörg Rinninsland, seines Zeichen Sonderschullehrer, Kunsttherapeut und Konrektor der Wilhelm-Bläsig-Krankenhausschule (im Bild). Und somit ist die PATZ vermutlich die einzige Zeitung, die sich ausschließlich am Interesse des Patienten orientiert und nicht am Interesse des Lesers.
Rinninsland ist einer der PATZ-Gründungsmitglieder und seit rund zehn Jahren der hauptverantwortliche Redakteur. Er erinnert sich an die Anfänge, an die "Sturm-und Drang-Zeit" im Hegau-Jugendwerk, als ein interdisziplinäres Team aus Lehrern, Berufstherapeuten und Sozialdienst beschloss, eine Zeitung im Sinne des Reformpädagogen Freinet zu installieren, in der Schülertexte nicht in Heften verschwinden, sondern einem Publikum präsentiert werden und damit eine Würdigung finden. Dieser Aspekt der Freinet-Pädagogik bildet die geistigen Wurzeln der heutigen PATZ. Dabei war die Idee einer Patientenzeitung nicht neu, bereits Mitte der 80er Jahre hatte es immer wieder Ansätze gegeben. Verließ der Rehabilitand, der für die Zeitung über Monate verantwortlich war, die Einrichtung, verschwand auch die Patientenzeitung. Damit die Patientenzeitung einen kontinuierlichen Rahmen bekam, hatte sich das Team zusammen gefunden.
Patienten reichen Beiträge ein, die in der Therapie, im Unterricht oder in der Freizeit entstehen - das Thema ist ihnen überlassen. Mit dem Abdruck ihrer Geschichten, die sie nicht anonym, sondern unter ihrem richtigen Namen veröffentlichen, erfahren sie Anerkennung und Wertschätzung. Das ist gut für ihr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. "Die PATZ ist nicht nur ein Therapeutikum, denn die partielle Aufmerksamkeit ist hochwirksam, sondern sie wurde in den 25 Jahren auch zum sozialen Kitt der Einrichtung", resümiert Rinninsland. Und ganz nebenbei konnten die Therapeuten viel über ihre Patienten erfahren und sie "aus anderer Ecke" kennen lernen, was für den Therapieerfolg auch nicht unbedeutend war.
Wenn der PATZ-Macher zum 1. August 2022 in Ruhestand geht, ist für den Fortbestand der PATZ gesorgt. Julia Bilger und Antje Tresp-Welte, beide Lehrerinnen an der Wilhelm-Bläsig-Schule, werden Jörg Rinninsland beerben. Die 100. PATZ ist die erste PATZ des neuen Teams, Rinninsland steht noch begleitend zur Seite. Für die Zukunft der PATZ ist also bestens gesorgt und so wird sie auch künftig ihre Aufgabe erfüllen im Sinne von Patientenorientiert, therApeutisch, moTivierend und wertschätZend.
(Text und Bild: Andrea Jagode)
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