02.10.2024
Berna Tuncer spricht die Herzen der Rehabilitanden an
Sie wollte in die Normalität zurück und dafür hat sie gekämpft: Berna Tuncer (31) hatte schon als Jugendliche Schlaganfälle erlitten. Erst nach dem fünften Schlaganfall erfuhr sie, dass sie an einer seltenen Immunerkrankung leidet, die für ihre Anfälle verantwortlich ist: die ADA 2 NS-Defizienz.
Damals war sie nach ihrem vierten Schlaganfall im Hegau-Jugendwerk (HJW) zur Rehabilitation, als sie der fünfte Schlaganfall ereilte. Zu ihrem Glück überwies sie die behandelnde Ärztin in das Universitätsklinikum Freiburg. Hier wurde am Centrum für Chronische Immundefizienz endlich die richtige Diagnose gestellt und eine geeignete Medikamententherapie eingeleitet.
Die Folgen ihrer Schlaganfälle hat Berna Tuncer mit einer Vielzahl an Therapien, die ihr im HJW zuteil wurden, gepaart mit einem großen Willen, bewältigt. Der Weg zurück ins „normale“ Leben war steinig und anstrengend, wie sie den gebannt lauschenden Rehabilitanden berichtete. Berna Tuncer war am 1. Oktober zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder ins HJW gekommen – nicht als Patientin, sondern um im Rahmen der Kulturkleks-Reihe ihr Buch „Der Kampf mit dem Unheilbaren“ vorzustellen und vor allem, um von ihrem langen Weg zurück in eine neue Normalität zu berichten. Das sei nur möglich gewesen, weil sie das eigene Schicksal mit seinen Herausforderungen angenommen und nicht aufgegeben habe, schilderte die junge Frau.
Mit ihren Aussagen traf sie die zahlreich erschienenen Rehabilitanden mitten ins Herz, die sie schnell als „eine von ihnen“ anerkannten. Bernas Appell: Mit den Einschränkungen leben lernen und das Beste daraus machen – das ist nicht einfach, das geht nicht schnell, aber es ist nicht unmöglich. Das könne nur gelingen, wenn man auf das eigene Herz höre und an sich selber glaube. „Jeder von Euch ist ein besonderer Mensch, glaubt an Euch, dann könnt ihr es schaffen“, ermunterte Berna Tuncer ihre Zuhörer und appellierte: „Seid geduldig“. Mit ihren Worten berührte sie die Rehabilitanden und machte ihnen Mut, wie ein „Daumen hoch“ eines Rehabilitanden in der ersten Reihe deutlich zeigte.
Dass sie zur selbstbewussten starken Frau geworden sei, habe sie auch ihrer Krankheit zu verdanken: „Ich habe meine Stimme mit meiner Krankheit erhoben“. In ihrer Zeit im Hegau-Jugendwerk habe sie nicht nur nachhaltig von den zahlreichen und vielfältigen Therapien und dem „schönen Ort mit so viel schöner Natur“ profitiert, sondern auch ihre Erkrankung mit der vielfältigen Unterstützung vor Ort „kennen gelernt“. Deswegen hat sie ihr Buch dem Hegau-Jugendwerk gewidmet. „Das Hegau-Jugendwerk ist ein ganz besonderer Ort, er präsentiert Hoffnung“, erklärte Berna Tuncer und bezeichnete die Zeit im Jugendwerk als „eine ganz besondere Episode in meinem Leben“.
Ihr Buch „Der Kampf mit dem Unheilbaren. Mein Leben mit ADA 2 NS Defizienz“ handelt auf 74 Seiten vom ersten Moment der niederschmetternden Diagnose bis hin zur neuen Normalität mit ihren Einschränkungen. Im Buch verarbeitet Berna Tuncer in gleichsam fesselnder wie berührender Weise ihren Umgang mit ihrer Krankheit. Zugleich will sie mit dem Buch anderen Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen Mut machen und Hoffnung schenken.
INFO:
ADA2-Defizienz: Die Adenosin-Desaminase-Defizienz ist eine vererbte Störung des Purinstoffwechsels mit verheerenden Folgen für das Immunsystem – sie kann sich bei jedem Betroffenen anders auswirken. Bei Berna Tuncer führte die Erkrankung dazu, dass es durch die hohen Entzündungswerte im Blut zu Verstopfungen in den Adern kam, die durch ihr schwaches Immunsystem nicht ausgeglichen werden konnten. Die 1993 geborene junge Frau war die erste in Deutschland bei der diese Krankheit diagnostiziert wurde, mittlerweile sind rund 100 Fälle in Deutschland bekannt.
Das Buch „Der Kampf mit dem Unheilbaren. Mein Leben mit ADA 2 NS Defizienz“ von Berna Tuncer erschien 2022 im Kathrin Fischer Verlag, 74 Seiten, Preis: 10,80 Euro.
© Die Hegau-Jugendwerk GmbH - Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene